März 2010

Anfang März war es für mich soweit, endlich einmal die zwei anderen Brüder unserer Kongregation kennen zu lernen. Nach einigen Verhandlungen war klar, dass ich für zwei Wochen nach Makumira, einem Vorort von Arusha, gehen würde, um dort in Watoto Foundation zu arbeiten. Watoto Foundation ist, wie der Name schon sagt, eine Stiftung für Kinder, genauer gesagt aber für Straßenkinder. Sie werden von den Straßen Arushas eingesammelt und wenn sie drei Monate harte Disziplin in dem so genannten „drop-in Center“ durchstehen, dann leben sie die nächsten vier Jahre in Makumira, wo sie eine Grundschulausbildung, eine handwerkliche Ausbildung und eine Erziehung im sozialen Bereich bekommen. Gegründet wurde diese Stiftung von einem Holländer, der bis heute auch noch ihr Direktor ist. Er kümmert sich vor allem darum, durch Geld- und Sachspenden den Kindern viel zu bieten. Der oberste Verantwortliche in Watoto Foundation ist unter dem Direktor der Manager Brother Sabbas. Er wohnt zusammen mit Brother Gérard im Bruderhaus, das auf dem Gelände steht. Mindestens einer von ihnen muss rund um die Uhr anwesend sein. Die Brüder zusammen mit den Sozialarbeitern, den Lehrern und den Handwerkern sind derzeit für rund 30 Kinder verantwortlich.

Ich selbst habe im Bruderhaus gewohnt und jeden Vormittag vier Stunden Englisch bei neun Schüler unterrichtet. Meine Schüler hatten die Grundschulausbildung bereits abgeschlossen und man könnte deshalb davon ausgehen, dass alle bereits in etwa über das gleiche Wissen verfügen. Allerdings musste ich schon nach der ersten Stunde feststellen, dass alle wirklich auf einem vollkommen unterschiedlichen Bildungsstand waren und dass einer sogar geistig schwerbehindert ist. Nach dem Mittagessen habe ich in der Schreinerei geholfen, aber mehr zu neuen Ideen, was man bauen kann, beigetragen, als zu neuen Techniken, wie man etwas baut. Dafür wäre meine fünfjährige Schulausbildung im Schreinern auch nicht ausreichend gewesen. Das Resultat, das sich daraus aber ergeben hat, ist, dass in meinem Zimmer ein Hocker steht, dessen Sitzfläche ich gleichzeitig als Schachbrett verwenden kann. Angesichts der Tatsache, dass Dame ein sehr beliebtes Spiel in Tansania ist, sind solche Hocker bestimmt eine Marktlücke.

 

Nachdem die handwerklichen Fächer um halb fünf beendet waren, habe ich einige der Handwerker selbst auch noch für ein bis zwei Stunden in Englisch unterrichtet. In dieser Zeit haben die Jungs normalerweise Fußball gespielt.
Sehr genossen habe ich in der ganzen Zeit meines Aufenthalts besonders das Essen. Dadurch dass Watoto foundation alles, was es dort gibt, selbst produzieren kann (Nahrung, Häuser, Einrichtung, etc.) kann auch auf hohe Qualität geachtet werden, ohne dass man den Geldbeutel überstrapazieren würde. Zwei Dinge, die ich in Tansania wirklich nur selten bekomme, sind Eier und Milch. Genau diese Produkte gibt es aber scheinbar in unendlicher Menge in Watoto foundation.


Durch das sehr volle Programm waren die zwei Wochen noch viel schneller vorbei als ich gedacht hätte. Es hat nicht lange gedauert, bis ich mich mit Gasper, Elena und Alberto am Kilimandscharo Flughafen getroffen haben, von wo aus sie mich nach Hedaru mitgenommen haben und von wo aus sie auch Elenas Vater und ihren Onkel abgeholt haben. Ich selbst bin nur einen Tag in Hedaru geblieben, um ein wenig umzupacken. Anschließend bin ich direkt mit dem Bus nach Dar es Salaam gefahren, um meinen Vater vom Flughafen abzuholen und noch zwei Tage bei meinem ehemaligen Klassenkameraden Albert vorbeizuschauen. Dabei habe ich in Dar einen absoluten Kulturschock erlebt. Nachmittags, nachdem ich die Schule von Albert besucht habe, sind wir zusammen in das größte Einkaufszentrum von Dar, Mlimani City, gegangen. Sobald man durch die vollautomatischen Schiebetüren ins klimatisierte Innere gelangt ist, unterscheidet sich nichts mehr von einem großen europäischen Einkaufszentrum. Am Anfang habe ich mich gewaltig fehl am Platz gefühlt, wahrscheinlich auch weil so viele Weiße dort waren. Nachdem wir aber dann wieder aus dem Kino, das es dort auch gibt, herausgekommen sind, hat es erst ein paar Sekunden gebraucht, um zu realisieren, dass man nicht in Europa ist. Dieser Schock hat tatsächlich sogar noch eine Weile angehalten, aber ich musste weiter, um im Priesterseminar Hallo zu sagen, wo ich einen Platz für meinen Vater und mich hatte. Am Abend bin ich dann mit Vater Novatus zusammen an den Flughafen gefahren, um ihn abzuholen.

 

Am nächsten Tag bin ich zusammen mit Papa einmal durch Dar es Salaam gefahren und wir waren pünktlich zur Mittagsessenszeit auf einer kleinen Halbinsel vor Dar, wo wir den ersten Tag am Strand entspannt haben. Am nächsten Vormittag sind wir nach Ubungu aufgebrochen, einem Stadtteil am Rand von Dar, von wo aus auch die Überlandbusse nach Hedaru fahren. Hier haben wir den Nachmittag noch Dar angeschaut und Tickets gekauft, bevor wir am nächsten Morgen früh nach Hedaru aufgebrochen sind.

 

Am nächsten Tag war ich damit beschäftigt, meine Wäsche der letzten Tage und Wochen zu waschen und außerdem haben wir natürlich die Messe besucht, wo ich meinen Vater der ganzen Gemeinde vorgestellt habe. Die nächsten zwei Tage haben wir mit den Italienern, zwei holländischen Gästen und Gasper dessen zu Hause in Gonja besucht. Allerdings bin ich schon nach dem Essen gleich weiter gefahren, um Mwalimu Peter zu besuchen, den Lehrer, bei dem ich auch gewohnt habe, während ich dort unterrichtet habe. Am nächsten Vormittag sind wir alle zusammen  wieder nach Hedaru gefahren, da wir schon am nächsten Tag Mzee Filbert besuchen wollten, bei dem ich in seinem Dorf Kwamomo Kiswaheli gelernt habe und den ich auch schon lange nicht mehr gesehen hatte. Dort habe ich mir das Kirchenprojekt und andere Projekte angesehen und war sehr zufrieden, wie viel passiert ist, seit ich das letzte Mal dort zu Besuch war. Außerdem war es sehr schön, ein paar Freunde wieder zu treffen.

 

Inzwischen ist für mich ein halbes Jahr vergangen und ich habe sehr stark das Gefühl, dass das nächste halbe Jahr noch schneller vergehen wird. Ich kann mich inzwischen sehr gut in Kiswaheli unterhalten und fange auch immer mehr an, Kipaare ein wenig zu lernen. Ich fühle mich immer mehr zu Hause hier aber viele Dinge sind auch komplett im Alltag verschwunden, die am Anfang noch interessant und spannend waren. Fischen war ich in Mabilioni schon eine Weile nicht mehr, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass mein neues Hobby jetzt sein wird, Dik-Diks mit der Steinschleuder zu jagen. Die Schmecken sehr gut und eins von ihnen reicht gut und gerne für zwei Personen.