Mai 2010

Der Monat Mai war für mich beinahe der ruhigste Monat, seit ich überhaupt in Afrika angekommen bin. Zwar hatte ich auch diesen Monat die ganze Zeit etwas zu tun, was mehr oder weniger wichtig war, aber nichts davon war ein großes Ereignis, von dem sich wirklich erzählen lässt. Ich war auch tatsächlich den ganzen Monat über nur in Mabilioni und manchmal in Hedaru - bis auf eine kleine zweitägige Tour mit Bruder Gaspar nach Arusha und zurück. Dabei haben wir in erster Linie Chauffeure für einen alten, sich im Ruhestand befindenden Bischof gespielt, der sich schon früher um die spirituelle Formation der Brüder gekümmert hat. Zusammen mit ihm haben wir den sich auch im Ruhestand befindenden Bischof Koda in Same besucht und haben schließlich den alten Herrn in Arusha beim Erzbischof abgegeben. Wir haben auch zwei Brüder unserer Kongregation in Arusha besucht, hauptsächlich mit dem Hintergrund, dort zu übernachten. Am nächsten Tag waren wir noch frühjahrsshoppen in Moshi und sind dann aber gleich wieder nach Hedaru zurückgefahren. Ich selbst bin wieder nach Mabilioni gegangen mit dem großen Erfolg, dass jetzt in der ersten Lodge nur noch ein paar Türen, die Bäder und die Inneneinrichtung fehlen. Allerdings gäbe es die Bäder bereits, wenn nicht das Geld für Zement mal wieder ausgegangen wäre. Im Moment sind also die Arbeiten in Mabilioni zum Erliegen gekommen, aber immerhin darf ich bekannt geben, dass das Hospital am Montag, den 7. Juni, endgültig in Betrieb genommen wurde. Zwei Schwestern werden dauerhaft dort wohnen und ein Doktor wird dreimal die Woche aus Same kommen. Medizin ist ausreichend vorhanden, auch die meisten Gerätschaften, die man für den Anfang braucht, sind vorhanden. Desweiteren gibt es natürlich Betten, Stühle, Matratzen etc.


Leider sieht die Lage in unserem örtlichen Waisenhaus viel schlechter aus. Die Kinder wurden wegen Mangel an Essen und Medikamenten zu Verwandten geschickt. Allerdings sind die Verwandten entweder sehr alt oder sehr arm und deshalb auch nicht in der Lage, sich um die Kinder zu kümmern. Die Brüder sind gerade scheinbar nicht in der Lage, dem Waisenhaus zu helfen, überlegen sich aber für die Zukunft, die Leitung des Hauses zu übernehmen und es auf den Gemeindegrund zu verlegen, so dass die Kommunikation wenigstens nicht an der Distanz zwischen dem Haus und den Brüdern scheitert. Ich hoffe sehr, dass die Brüder bald etwas an der Situation der Waisen ändern werden. Natürlich ist ihre Handlungskraft bisher ohne Spender sehr eingeschränkt.


Zum Abschluss dieses Monats ist dann noch etwas passiert, womit ich nicht gerechnet hätte und was mich letztendlich dann auch noch ins Fernsehen gebracht hat. Es hat alles damit begonnen, dass ich eines Nachmittags gehört habe, dass genau an diesem Tag ein fünf Jahre altes Mädchen aus Hedaru entführt wurde. Am selben Abend noch hatten wir bei uns zwei Verwandte dieses Mädchens zu Besuch, die sich von uns einen Fahrer und ein Auto ausgeliehen haben, um in die Berge zu einer Goldmine zu fahren. Auf meine Nachfrage, wieso sie nun in die Berge fahren würden, hat mir ein Bruder erklärt, dass das Mädchen dort wahrscheinlich zu Gunsten der Goldsucher von einem „Witch-Doctor“ an Satan geopfert werden soll. Am nächsten Tag sind die beiden aber mit leeren Händen zurückgekehrt. Nachdem ich nun einen ganzen Tag gar nichts gehört habe, habe ich plötzlich morgens erfahren, dass über Nacht die Polizeistation und deren Autos ausgebrannt sind, angesteckt von einer verärgerten Menschenmasse, die nicht damit einverstanden war, dass die Polizei die Kindesentführung einfach ignoriert hat. Ich bin also morgens mit Bruder Gasper losgefahren, um eine TBC (Tanzanian Broadcast Cooperation)- Reporterin abzuholen und sie zur Polizeistation zu bringen. Hier war nun der Punkt, wo ich in einem Interview meine Einschätzung der Lage auf Kiswaheli kundtun durfte, was mir nicht sehr leicht gefallen ist hinsichtlich der Komplexität der Sätze im Interview. Währenddessen haben sich neben mir etwa 50 schwer bewaffnete Polizisten fertig gemacht, um nicht etwa das Mädchen, sondern die Verantwortlichen der Brandstiftung zu finden. Am Nachmittag wurde aber schließlich bekannt gegeben, dass das Mädchen in Moshi gefunden wurde. Allerdings nicht von der Polizei, die weiterhin nichts unternommen hat, sondern von einer Passantin am Busbahnhof. Am Ende ist also doch noch alles gut ausgegangen und vielleicht haben jedenfalls ein paar Polizisten begriffen, dass sie eben mehr machen sollten als sich von verkehrswidrigen Autofahrern bestechen zu lassen und dass sie sich nicht alles erlauben können. Leider ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich an der Situation der Polizei hier tatsächlich etwas ändert.